Bei ihrem Parteitag wollen die Grünen an diesem Samstag einen Neuanfang einläuten und Kraft tanken für den anstehenden Bundestagswahlkampf. Als unbestrittene Favoriten für den Co-Parteivorsitz gelten Franziska Brantner und Felix Banaszak. Die Posten waren vakant geworden, weil sich das bisherige Duo, Ricarda Lang und Omid Nouripour, Ende September entschlossen hatte, frühzeitig aufzuhören. «Bei Wind, bei Wetter, bei Eis und bei Schnee» werde man einen Wahlkampf führen, der «knallgrün» sein werde, versuchte Kulturstaatsministerin Claudia Roth am Freitagabend, die mehr als 800 Delegierten in Wiesbaden zu motivieren. Am Samstagabend steht eine Debatte von zehn Anträgen an, die an der Grünen-Basis den meisten Zuspruch erfuhren und deswegen zur Abstimmung gestellt werden. Dabei geht es unter anderem um die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer, ein Tempolimit und eine liberalere Migrationspolitik. Zur Diskussion steht auch ein Antrag, in dem die aktuellen stationären Kontrollen an den deutschen Landgrenzen abgelehnt werden. Der künftige US-Präsident, Donald Trump, «und sein Kabinett des Grauens» stünden für die Abwicklung all dessen, was die Grünen wollten, rief Claudia Roth den Delegierten zu. Markus Söder bezeichnete sie als «Brandbeschleuniger», der ständig gegen die Grünen hetze. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende hat mehrfach eine Koalition von Union und Grünen nach der nächsten Bundestagswahl ausgeschlossen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck betonte, es sei jetzt müßig, auf die Zeit der Ampel-Regierung zurückzublicken. «Es gibt keine FDP, und es gibt auch keinen Christian Lindner mehr in der Regierung», sagte er. Wichtiger sei es für die Grünen nun, auf die nächsten Wochen bis zum geplanten Wahltermin am 23. Februar zu schauen. Er hob die aus seiner Sicht einzigartige Rolle der Grünen hervor. «Diese Partei hat eine Aufgabe: den Unterschied zu markieren, diesem Land Orientierung zu geben.» Außenministerin Annalena Baerbock sagte, der Parteitag sei vor dem anstrengenden Wahlkampf ein Ort für «das gegenseitige Krafttanken». Die Grünen hatten 2021 mit Baerbock erstmals explizit eine «Kanzlerkandidatin» aufgestellt. Die Partei holte damals 14,8 Prozent der Stimmen. Bei der kommenden Wahl soll Habeck, wie es im entsprechenden Antrag formuliert ist, als «Kandidat für die Menschen in Deutschland» antreten, der «das Zeug zu einem guten Bundeskanzler» habe. Den Wahlkampf soll er als Spitzenduo mit Baerbock führen. Das Wort «Kanzlerkandidat» taucht im Antrag nicht auf - auch wenn führende Grüne es ständig im Munde führen. So sagte Banaszak im ZDF-«Heute Journal» auf die Frage, warum die Grünen Habeck eigentlich nicht Kanzlerkandidat nennen: «Das ist er, das sagen wir. Aber es ist eben keine breitbeinige Kandidatur, wie es andere jetzt gerade machen. Sondern eine in Demut, in Demut vor den Bürgerinnen und Bürgern, die das entscheiden, ob er am Ende in die Reichweite des Kanzleramts kommt, weil aktuell sind wir da nicht, aber wir wollen dahin.» Dafür müsste Habeck aber aufholen: In aktuellen Umfragen liegen die Grünen bei 11 bis 12 Prozent. Mehrere Redner stellten sich in Wiesbaden hinter den Verteidigungskampf der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg. Sehr wenig Anklang fand eine Delegierte, die sagte, sie fühle sich nicht von Russlands Präsidenten Wladimir Putin oder von China bedroht, sondern «von permanenter Kriegshetze im eigenen Land». Die Co-Chefin der Grünen Jugend, Jette Nietzard, warnte vor Asylrechtsverschärfungen und kritisierte den CDU-Chef. «Friedrich Merz packt bei jeder Gelegenheit seinen Hass auf nicht weiße Menschen aus», erklärte sie. Kurz nach Mitternacht stimmten die Delegierten noch über die Form des Parteitags ab, bei dem das Programm für die Bundestagswahl entstehen soll. Dieses Programm soll kürzer und prägnanter ausfallen als es sonst der Fall ist. Die Delegierten sollen dabei in voller Stärke und in Präsenz zusammenkommen. Als Datum dafür ist der 26. Januar vorgesehen, wie Pegah Edalatian sagte, die an diesem Samstag zur neuen Politischen Geschäftsführerin gewählt werden dürfte. Einen Ort nannte sie nicht.Claudia Roth: Söder ist ein «Brandbeschleuniger»
Unterstützung für die Verteidigung der Ukraine
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