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Migration: Nach der Abstimmung ist vor der Abstimmung


29.01.2025 - 18:20 Uhr


Wenige Wochen vor der vorgezogenen Neuwahl ist die Auseinandersetzung über den richtigen Kurs in der Migrationspolitik im Bundestag eskaliert. Beendet ist der Streit damit noch nicht.

Was bedeutet der nun gefasste Beschluss? 

In dem Antrag der Union wird die Bundesregierung aufgefordert, umfassende Zurückweisungen an deutschen Grenzen zu veranlassen. Auch Asylbewerber sollen nicht mehr einreisen dürfen. Allerdings ist der Antrag rechtlich nicht bindend. Dass er dennoch so viel Aufmerksamkeit erhält, liegt daran, dass er mit den Stimmen der Opposition eine Mehrheit gefunden hat. Redner von FDP, AfD sowie einige Fraktionslose hatten sich dafür ausgesprochen - die verbliebenen Regierungsparteien SPD und Grüne sowie die Gruppe Die Linke dagegen. Das BSW erklärte seine Enthaltung. 

Wie geht es jetzt weiter?

An diesem Freitag wird erneut abgestimmt. Dann stehen im Plenum des Bundestages nicht nur Anträge mit appellativem Charakter zur Abstimmung an, sondern ein Gesetzentwurf, der - wenn er auch den Bundesrat passieren sollte - von der Bundesregierung umgesetzt werden müsste. Beispielsweise müsste der aktuell auf 1.000 Personen pro Monat beschränkte Familiennachzug zu Ausländern mit eingeschränktem Schutzstatus bis auf Weiteres beendet werden. Außerdem sieht das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz vor, dass die Bundespolizei, wenn sie in ihrem Zuständigkeitsbereich Ausreisepflichtige antrifft, aufenthaltsbeendende Maßnahmen durchführen darf - also zum Beispiel die Menschen in andere Länder zurückschicken.

Ob sich dafür eine Mehrheit im Bundesrat findet, ist allerdings fraglich. Eine Mehrheit im Bundestag ist dagegen wahrscheinlich, nachdem neben der Union nun auch FDP, AfD und BSW Zustimmung signalisiert haben.

Was bedeutet das jetzt für den Wahlkampf?

Das ist noch nicht abzusehen. Erstens haben zurückliegende Wahlen gezeigt, dass inzwischen viele Menschen erst relativ kurz vor dem Wahltermin entscheiden, wem sie ihre Stimme geben. Zweitens sind hier zwei Effekte zu berücksichtigen: Studien zeigen, dass das Wählerpotenzial der AfD - also die Menschen, die sich vorstellen könnten, die Partei von Alice Weidel zu wählen - deutlich kleiner ist als etwa die potenzielle Wählerschaft von CDU/CSU und SPD. Ein Teil der Menschen, die unter keinen Umständen ihr Kreuz bei der AfD machen würden, könnte auch einen Beschluss mit Stimmen der AfD kritisch sehen. 

Auf der anderen Seite sind viele Wählerinnen und Wähler der Auffassung, dass Deutschland in den vergangenen Jahren zu viele Asylbewerber aufgenommen hat und bei Abschiebungen nicht schnell genug vorankommt. Einige von ihnen könnten daher den Vorstoß von Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) unterstützen, hier noch vor der Bildung einer neuen Bundesregierung einzuleiten.

Wie groß sind die Probleme in der deutschen Asylpolitik?

Es stimmt zwar, wenn SPD-Politiker darauf verweisen, dass die Zahl der Asylanträge 2024 um rund 30 Prozent auf 229.751 Erstanträge gesunken ist. Im Jahr zuvor hatte es allerdings einen Anstieg um rund 51 Prozent auf 329.120 Asylerstanträge gegeben. Und viele Asylbewerber brauchen auch Jahre nach der Einreise noch staatliche Unterstützung - etwa weil sie keine Wohnung finden oder aufgrund psychischer Probleme, die oft eine Folge von Kriegserfahrungen und Erlebnissen auf der Flucht sind. 

Im vergangenen Jahr wurden laut Bundesinnenministerium 20.084 Menschen aus Deutschland abgeschoben - rund 22 Prozent mehr als 2023. Ein Problem ist jedoch, dass viele Menschen, die eigentlich ausreisen sollten - darunter auch Straftäter - am Ende doch länger bleiben. Zum Beispiel, weil ihre Herkunftsländer bei Rückführungen nicht kooperieren oder weil die Betroffenen am Tag der Abschiebung nicht angetroffen werden. Immer wieder kommt es zudem vor, dass es die zuständigen Behörden von Bund, Ländern und Kommunen versäumen, kurzfristig eine Rückführung zu organisieren. Das hat teils mit einer Überlastung zu tun, hängt nach Ansicht von Innenpolitikern aber auch mit dem komplexen Verantwortungsgefüge im Föderalismus zusammen.

© dpa-infocom, dpa:250129-930-359475/1

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