Wie lange die Anerkennung aller Opfergruppen des NS-Regimes gedauert hat, das hat die 15 Jahre alte Janka besonders schockiert. Ida (14) hat Gespräch mit den Nachkommen eines von den Nazis als «asozialen Berufsverbrechers» verfolgten Mannes tief beeindruckt. Die beiden Mainzer Schülerinnen zeigen gemeinsam mit der 18 Jahre alten Stella Sophie bei der Landtagssitzung zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ein Stück, das sie mit Regisseurin Simone Glatt selbst verfasst haben. Die Befreiung des deutschen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau vor 80 Jahren steht im Mittelpunkt des diesjährigen Holocaust-Gedenkens. «Es wird daran erinnert, dass der Hass auf jüdische Menschen und Minderheiten nach 1945 nicht vorbei war und in unserer Gegenwart in erschreckender Weise wieder zum Vorschein kommt», heißt es in der Ankündigung des Landtags. Welche Rolle die Erinnerung an die Diktatur für die Demokratie heute spielen kann, ist auch ein Thema der Veranstaltung in der Neuen Synagoge in Mainz. Diese Themen greift das im Mainzer Staatstheater erarbeitete Stück der drei jungen Frauen auf. «Gestern - Heute - Morgen. Dokumentation einer Suche», heißt der Titel der zehnminütigen Collage. Für den Text haben Regisseurin Glatt und die drei Schülerinnen etwa zwei Monate recherchiert, geschrieben und geprobt. Die Gedenkansprache hält der Publizist und Autor Ronen Steinke. Als Überlebender des Holocaust berichtet der Ehrenvorsitzende der jüdischen Gemeinde Bad Kreuznach, Nicolaus Blättermann (Jahrgang 1920) vom Wiederaufbau der Gemeinde nach der Shoah. Reden von Landtagspräsident Hendrik Hering und Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) stehen auch auf dem Programm. «Was wissen wir über die Zeit? Was wissen wir über Diskriminierung, Hetze, Hass und Gewalt heute?», waren die Leitfragen für das Schüler-Theaterprojekt, wie Glatt berichtet. Sie hat mit drei Schülerinnen Nachrichtentexte über antisemitische Gewalttaten bis in die Gegenwart gelesen, Filme geschaut, einen Blick in Studien geworfen, mit Zeitzeugen gesprochen und Briefe des verfolgten Unternehmers und Schriftstellers Karl Schloß aus Rheinhessen gelesen. Oberstufenschülerin Stella Sophie hat es positiv erlebt, sich mit ihren beiden jüngeren Ensemblemitgliedern beim Verfassen des Stücks auch über unterschiedliche Perspektiven und das in der Schule Besprochene auszutauschen. Die Verfolgung von Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen ging der 18-Jährigen besonders nah. Gerade, weil sie einige gut kennt. Die aus der Recherche entstandenen Texte der Schülerinnen hat Glatt zusammengesetzt. Entstanden sei «ein bisschen eine Kakophonie», eine Verschneidung verschiedener Texte und Gattungen, darunter auch Teile eines mehrstrophigen Gedichts von Janka. Sie trägt bei ihrer ersten Theateraufführung Teile aus Originalbriefen vor, Stella hat eine Art Nachrichtensprecherinnenrolle und Ida zitiert Studienergebnisse. Einige Passagen sprechen die Darstellerinnen frei, andere lesen sie ab. Am Ende geht es um die Fragen: Warum gedenken wir? Was bedeutet das für uns? Und warum ist es wichtig? Stella Sophie schlägt im Gespräch am Rande der Proben den Bogen zur Zukunft der Demokratie. Der Erstwählerin macht der Blick in die Zukunft nach eigenen Worten Angst. Sie fragt sich, wie es mit der Demokratie bei uns und weltweit weitergeht. Janka erzählt von diskriminierenden Kommentaren gegen einen Mitschüler. «Antisemitische und rassistisch motivierte Gewalttaten sind auf einem Höchst-Niveau», sagt Ida auf der Bühne. Und: «Wir waren schockiert. Wir waren traurig.» «Vor dem Start war ich sehr unsicher, wie man mit so ernsten Themen Theater machen kann», berichtet Ida, für die es das zweite Theater-Projekt in der Jugendsparte des Staatstheaters («justmainz») ist. «Aber ich bin sehr positiv überrascht.»Eine Collage aus Texten dreier Schülerinnen
Warum dauert die Anerkennung aller Opfergruppen so lange?
Angst um die Demokratie
Antisemitische und rassistische Gewalttaten auf Höchst-Niveau
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