Albert Schöpflin ist 66 Jahre alt und hatte in den vergangenen Tagen wohl einen der stressigsten Jobs im Land. «Ich komm mir im Moment allerdings gar nicht wie ein 66-Jähriger vor», sagt er. «Weil ich die letzten zehn Tage immer unter Strom gestanden habe.» Und er schiebt hinterher: «Positiver Strom aber, weil alles positiv abgelaufen ist.» Eigentlich war für seinen ruhigen Renteneintritt alles geplant: Ende November wurde Schöpflin offiziell als Leiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Mosel-Saar-Lahn verabschiedet, nach 31 Dienstjahren und 22 Jahren in dieser Leitungsfunktion. Am 31. Dezember geht er in Ruhestand. Das Amt - und damit auch Schöpflin - ist zuständig für 242 Kilometer Mosel, 105 Kilometer Saar und 149 Kilometer Lahn. Doch dann krachte an einem Sonntag im Dezember, nur 23 Tage vor seinem Renteneintritt, ein Frachtschiff in die Moselschleuse Müden. Von jetzt auf gleich ging auf der Mosel nichts mehr - rund 70 Schiffe steckten fest. Schöpflin und sein Team standen vor einer bislang noch nicht dagewesenen Herausforderung. «Das war ja absolut etwas Nicht-Planbares», sagt Schöpflin. «Viele hatten ja anfangs die Dimension nicht erkannt. Welche Schäden das für die Wirtschaft hervorrufen kann.» Diese seien nicht auf Deutschland begrenzt. «Das hatte schon eine Dimension, die erstaunlich war.» So etwas habe er in seiner langen Dienstzeit nicht erlebt. Doch nicht nur müssen er und sein Team nun eine Lösung für die Schleuse und Schiffer finden, Schöpflin erlangt auch unfreiwillig Bekanntheit. Er führt Kamerateams sowie Reporter und Reporterinnen an die Schleuse, empfängt Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) und gibt ein Interview nach dem anderen. Ihm selbst scheint der Rummel um ihn zu viel. Aber gleichzeitig zeigt er sich pflichtbewusst: «Ich bin bis zum 31.12. in diesem Amt und dann habe ich auch all das zu bewältigen, was anfällt.» Seinem Team und ihm gelingt es, bis vor Weihnachten die allermeisten der festsitzenden Schiffe durch eine aufwendige Notschleusung weiterfahren zu lassen. Immer wieder betont Schöpflin aber, dass es nicht alleine seine Idee war - sondern die seines gesamten Teams. Es ist auch ein kleines Geschenk für seinen Ruhestand, dass pünktlich zu seinem Abschied alle Schiffer befreit sein sollen. «Ich geh natürlich jetzt mit einem sehr guten Gefühl in Rente, dass wir zumindest jetzt den ersten Meilenstein erledigt haben», sagt er. «Dass die Schiffe raus sind, ist ja nur ein Zwischenziel.» Die Reparatur der Schleuse wird im neuen Jahr erfolgen - dann ohne Schöpflin. Doch der ist bis zum letzten Tag fleißig, will bei der letzten Notschleusung am Freitag dabei sein und nimmt trotz Urlaubs an Videokonferenzen teil. Kann er nach so einem Erlebnis denn loslassen? Auf den Ruhestand freue er sich sehr, sagt er. Vor allem auf eines: «Dass ich mit meiner Frau die Welt bereisen kann», sagt Schöpflin. Ob sie das mit dem Schiff machen werden? «Schiff sind wir genug gefahren», sagt er. Stattdessen soll es mit einem Wohnmobil durch Europa gehen. «Und möglichst viel Zeit mit dem Enkel verbringen.» Für den sei Opa in den letzten Tagen an der Schleuse zum Star geworden - und für die Schiffer und Betriebe wohl zum Retter der Mosel.«Erstaunliche Dimension»
Geschenk zum Ruhestand
Wohnmobil statt Schiff
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